Lebensqualität und Selbstbestimmung im letzten Lebensabschnitt
Die bedarfsgerechte Versorgung von unheilbar schwerstkranken Menschen am Lebensende ist eine herausfordernde Situation und Aufgabe für Betroffene, Angehörige, Zugehörige, Ärzte und Ärztinnen, Pflegefachpersonen und andere Beteiligte. Vorrangiges Ziel ist es, Leiden zu lindern und die bestmögliche Lebensqualität und Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen bis zum natürlichen Tode zu fördern und zu erhalten. Dies wird als „Palliativversorgung“ bezeichnet.
Definition Palliativversorgung
Palliativversorgung ist ein Ansatz, der die Lebensqualität von Patienten und deren Familien verbessert, die mit den Problemen im Zusammenhang einer lebensbedrohenden Erkrankung konfrontiert sind. Dies beinhaltet die Prävention und Linderung von Leiden durch frühzeitiges Erkennen und umfassende Erfassung sowie durch die Behandlung von Schmerz und anderen Problemen auf körperlichen, psychosozialen und spirituellen Ebenen. (Weltgesundheitsorganisation)
Palliativversorgung ist Teil der Behandlung und Versorgung kranker Menschen
Die Begleitung und und Versorgung schwerkranker und sterbender Menschen ist ausdrücklicher Bestandteil des Versorgungsauftrags der Krankenbehandlung geworden. Die betroffenen Menschen brauchen die Gewissheit, dass sie in ihrer letzten Lebensphase nicht allein sind, sondern in jeder Hinsicht gut begleitet und versorgt werden. Dazu gehört auch der Anspruch auf eine palliative Versorgung, mit dem Ziel, die Folgen einer Erkrankung zu lindern (Palliation), wenn auf Heilung der Erkrankung keine Aussicht mehr besteht.
Palliativversorgung kann überall dort geleistet werden, wo Menschen ihre letzte Lebensphase verbringen – z.B. zu Hause, in stationären Pflegeeinrichtungen, in Krankenhäusern oder in stationären Hospizen. Die medizinische, pflegerische, psychosoziale Palliativversorgung ist Teil der Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenkassen müssen ihre Versicherten bei der Auswahl und Inanspruchnahme von Leistungen der Palliativ- und Hospizversorgung beraten.
Palliative Versorgungsformen in Deutschland
In Deutschland wird zwischen der allgemeinen und der spezialisierten Palliativversorgung unterschieden.
Allgemeine Palliativversorgung
Die allgemeine Palliativversorgung, kurz AAPV, ist Teil der Basisversorgung und wird durch ambulante Pflege- und Hospizdienste - aber auch durch Pflegeheime sowie durch allgemeine Krankenhausstationen - gewährleistet. Die medizinische Versorgung wird zumeist von niedergelassenen Haus- und Fachärzten übernommen, die über palliativmedizinische Kenntnisse verfügen. Sie behandeln ihre Patienten oft bereits über einen längeren Zeitraum und begleiten sie daher auch während ihrer letzten Lebensphase. Die große Mehrheit der Palliativpatientinnen und -patienten in Deutschlandwird durch diese Versorgungsform begleitet.
Zusätzlich gibt es ergänzende Versorgungsangebote, die die Lücke zwischen der Primärversorgung und spezialisierten Angeboten schließen sollen. Ihr Ausbau geht auf das Hospiz- und Palliativgesetz zurück, das z.B. eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativmedizinische Versorgung (BQKPMV) und ein spezifisches Angebot in der Häuslichen Krankenpflege vorsieht.
Spezialisierte Palliativversorgung
Reichen die therapeutischen Möglichkeiten der allgemeinen Palliativversorgung nicht aus, werden die im Team arbeitenden Fachkräfte der spezialisierten Palliativversorgung (z.B. SAPV-Teams) einbezogen. Sie betreuen ausschließlich schwer kranke und sterbende Menschen und sind für diese Aufgabe gezielt ausgebildet. Sie arbeiten in stationären Hospizen und auf spezialisierten Palliativstationen der Krankenhäuser, aber auch bei den Diensten der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV-Teams). Letztere stehen beispielsweise Menschen mit einer weit fortgeschrittenen Erkrankung zur Seite, wenn sie es sich wünschen, im eigenen häuslichen Umfeld zu sterben.
SAPV
Diese für gesetzlich krankenversicherte schwerstkranke und sterbende Menschen bestehende besondere Form der Palliativversorgung in der häuslichen oder familiären Umgebung, die sog. spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), wird durch einen Arzt oder eine Ärztin verordnet und umfasst für die Betroffenen besondere ärztliche, pflegerische und psychosoziale Leistungen sowie deren besondere Koordination. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Verordnung in einer SAPV-Richtlinie geregelt. Um diese Leistungen (Beratung, Koordination der Versorgung, additive unterstützende Teilversorgung und Vollversorgung) anbieten zu können, schließen die gesetzlichen Krankenkassen mit den SAPV-Teams Verträge, die die Versorgung übernehmen.
Hospizarbeit und Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche
Wenn Kinder an einer schweren, vielleicht sogar lebensbedrohlichen Erkrankung leiden, beherrschen große Angst und Sorgen den Alltag der Familien. Kinderhospizarbeit und Kinderpalliativversorgung bieten vielfältige Unterstützung sowohl für die erkrankten Kinder und Jugendlichen, als auch für ihre Eltern und Geschwister. Der Film klärt einfach und auf ansprechende Art und Weise über die verschiedenen Angebote von Kinderhospiz- und Kinderpalliativversorgung in Deutschland auf und beschreibt, wo Familien Hilfe bei der Bewältigung der Situation und bei der Versorgung ihres Kindes erhalten können.
SAPV-Rahmenverträge - Handreichungen
Der GKV-Spitzenverband und elf maßgebliche Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und Palliativversorgung auf Bundesebene, unter anderem die BAG-SAPV, haben auf der Grundlage des neuen § 132d Abs. 1 S. 1 SGB V einen Rahmenvertrag zur Durchführung der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche zum 01.01.2023 geschlossen. In den Rahmenverträgen wurden insbesondere die sächlichen und personellen Anforderungen an die Leistungserbringung, Maßnahmen zur Qualitätssicherung und die Grundsätze der Vergütung geregelt.
Handreichung
Um zu einem besseren Verständnis der Rahmenverträge beizutragen und die Anwendung für die SAPV-Teams zu erleichtern, wurden durch die BAG-SAPV und den DHPV die vorliegenden Handreichungen erstellt. Zu den Handreichungen, zum Durchblättern und zum Download (Stand 15.06.2023) gelangen Sie über den jeweiligen Link (s.o.)
Aktualisierung
Mit den in der Praxis vorkommenden und entstehenden Fragestellungen und Erfahrungen im Umgang mit den Rahmenvereinbarungen sollen die Handreichungen sukzessive überarbeitet und angepasst werden.
SAPV Bundesrahmenverträge veröffentlicht
Nach langen schwierigen Verhandlungen, die Anfang 2019 begannen, traten die SAPV-Bundesrahmenverträge für Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche (BRV) nun zum 01.01.2023 in Kraft. Damit gibt es erstmalig eine bundeseinheitliche Regelung.
Hintergrund
Die Schwierigkeiten ergaben sich durch die seit 2009 stattgehabten unterschiedlichen und heterogenen Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern, z.T. auch innerhalb der Bundesländer und in den naturgemäß differenten Sichtweisen der 12 Verhandlungspartner.
Vertragsgestaltung
Da für einige Vertragsinhalte trotz vieler Verhandlungsrunden kein Kompromiss erzielt werden konnte, wurde ein Schiedspersonenverfahren notwendig. Strittig waren vor allem die Mindestpersonalanforderungen, die Präsenzzeit der ärztlichen und pflegerischen Leitung und der Mindestbeschäftigungsumfang aller Mitarbeiter im Sinne der multiprofessionellen Zusammensetzung des Teams und der Erarbeitung der Behandlungskonzepte im Rahmen der Fallkonferenzen. Hier gelang es die Schiedsperson von der Position von Bundesarbeitsgemeinschaft SAPV e. V. (BAG SAPV), Deutschen Hospiz- und Palliativverband e. V. (DHPV), Bundesverband Kinderhospiz e. V. (BVKH) und GKV-Spitzenverband zu überzeugen.
Bis zuletzt wurde von allen Leistungserbringervertretern versucht den Wert der psychosozialen Arbeit hervorzuheben und deshalb psychosoziale Mitarbeitende zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Team zu etablieren. Leider ist dies aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen für die SAPV bei Erwachsenen nicht möglich gewesen. Hier wird sich die BAG-SAPV weiter politisch engagieren.
Im Bereich der SAPV für Kinder und Jugendliche ist die psychosoziale Fachkraft, aufgrund deren besonderer Belange, fester Bestandteil des Kernteams.
Auch wenn es sich bei den nun vorliegenden Bundesrahmenverträgen naturgemäß um einen Kompromiss handelt, so ist es doch gelungen, eine Versorgungsstruktur zu erhalten und bundeseinheitlich auszugestalten, welche in besonderer Weise die Versorgung von schwerstkranken und sterbenden Menschen in ihrer häuslichen Umgebung in Würde und unter Beachtung ihrer Autonomie und die Unterstützung deren Angehöriger sicherstellt.
Die beiden neuen Rahmenverträge traten zum 01.01.2023 in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt müssen bestehende Verträge nach § 132 d SGB V zwischen den SAPV-Teams und den Krankenkassen auf Landesebene überprüft und an die SAPV-Rahmenverträge angepasst werden. Es gilt ein Übergangszeitraum von 5 Jahren, innerhalb dessen die erforderlichen Anpassungen und Regelungen vollzogen werden müssen. Die BAG SAPV konnte gemeinsam mit dem DHPV und dem BVKH in weiten Teilen ihre regelkonformen Kernforderungen durchsetzen. In Kooperation mit dem Deutschen Hospiz- und Palliativverband (DHPV) wurde zeitnah eine Handreichung erstellt und veröffentlicht, in der sämtliche Regelungen der beiden Bundesrahmenverträge vertiefend aufgegriffen und erläutert werden.
Die Bundesrahmenverträge SAPV finden sie hier
Wer wir sind
Die Bundesarbeitsgemeinschaft für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (BAG-SAPV) ist der bundesweite Zusammenschluss von Leistungserbringern und deren Landesvertretungen aus dem Bereich der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV)